Ein Bericht über das heurige Worklab 2024
Das Worklab 2024 wurde von den heurigen Artists in Residence, dem Forschungs- und Designkollektiv GIA - General Intelligence Agency (von Ljubljana) und Andreas Zingerle organisiert und beschäftigte sich mit Archivierungsstrategien und Large Language Models (LLMs). Diese Large Language Models stellen einen wesentlichen Fortschritt des „Computational Turn“ in der Medialität dar, bleiben jedoch als Untersuchungs- oder Kritikobjekt eher isoliert. Dies liegt zum Teil am Marketing-Hype, der sie umgibt, oder an ihrem ambivalenten Unternehmensursprung, aber auch am Mangel an anspruchsvollen theoretischen Auseinandersetzungen. Um einen umfassenderen Blickwinkel zu ermöglichen, luden wir internationale Experten zu dem Thema ein, am diesjährigen Worklab teilzunehmen.
Zwischen 19.-23.Juni trafen und arbeiteten wir im KIG - Kultur in Graz. Am Abend des 19.Juni gab es ein öffentliches “Meet&Greet” aller Teilnehmerinnen mit einem gemeinsamen Essen auf der Terasse des KIG. In diesem Rahmen wurde auch das Programm der nächsten Tage besprochen und Besucherinnen eingeladen, sich die nächsten Tage aktiv in den Prozess einzubringen.
Das Worklab beinhaltete Beiträge von: Gabriele de Seta, Sarah Burkhardt, Sarah Fitterer, Sofia Lee, Peli Grietzer, Željko Blaće und dem GIA collective: Martin Hergouth, Robert Bobnič , Maks Valenčič und Jan Kostanjevec.
Am ersten vollen Tag des Worklabs wird die Beziehung zwischen LLMs und der Art und Weise untersucht, wie diese Modelle in zeitgenössische Infrastrukturen integriert werden. Die Datafizierung aller Systeme, mit denen wir interagieren, hat eine neue Bedeutung erreicht, insbesondere da Infrastrukturen heutzutage zunehmend interaktiver werden und durch solche „generativen Systeme“ vermittelt werden. Diese Implikationen werden aus politisch-ökonomischer, sozio-anthropologischer und techno-philosophischer Sicht untersucht.
An diesen Tag fanden Vorträge, Präsentationen und ein Workshop statt:
Am zweiten Tag des Worklabs werden wir zu einem praktischeren und experimentelleren Ansatz für solche Modelle übergehen, um ihre latenten Darstellungen zu verstehen. Durch eine psychoanalytische Auseinandersetzung mit dem „Unbewussten“ von LLMs werden wir versuchen, diese Modelle als Systeme mit einem spezifischen Verständnis von kulturellem Wissen, Wissen im Allgemeinen und ihren internen Modellen anzuregen, durch die wir mit ihnen als generative Systeme für multimodale Generierung interagieren.
Dieser Workshop Tag wurde von Sarah Fitterer und Sofia Lee organisiert. Titel des Workshops war: AVERAGECORE: ‘Psychoanalysis and Anthropology of LLMs’. Einführung und erste Übungen fanden im KIG statt, am Nachmittag wechselten wir dann für praktische Übungen und Psycholanalyse des LLM ChatGPT in den nahegelegenen Augarten.
Am dritten Tag des Worklabs werden wir versuchen, den Zusammenhang zwischen Wissen und LLMs weiter zu erforschen und inwiefern diese nicht nur kulturelle, sondern auch erkenntnistheoretische Artefakte sind. Als sogenannte „fundamentale Modelle“ führen sie uns fast zwangsläufig dazu, die grundlegenden philosophischen und technologischen Implikationen ihres Erfolgs zu erforschen und welche Auswirkungen dies auf die Zukunft der Mensch-Maschine-Interaktion und generativer KIs im Allgemeinen haben wird.
GIAPAD ist ein experimenteller Prototyp, der vom GIA Kollektiv während ihrer Residency in Graz entwickelt wurde. Der Prototyp versucht, die freie Plattform “Etherpad” als Schnittstelle für LLMs (Large Language Model) zu verwenden. Im Gegensatz zu einer Chat-Schnittstelle wie zB ChatGPT kann man bei GIAPAD selbst entscheiden, ob man eine Eingabeaufforderung auf alle bereitgestellten Daten oder nur auf einen speziellen Teil der Daten anwenden möchte. Im Rahmen des Workshops wurde die Plattform präsentiert und gemeinsam für verschiedene Anwendungen und Prompts ausprobiert.
Am Sonntag 23.Juni 2023 gab es noch ein internes Treffes des GIA Kollektivs. Da während des Worklabs auch oft die Verbindung von LLM und verschiedene Definitionen von Arbeit aufkam, besuchten ein paar Teilnehmer*innen die Ausstellung “24/7 - Arbeit zwischen Sinnstiftung und Entgrenzung” im Kunsthaus. Die internationalen Gäste reisten im Laufe des Tages wieder ab.
Die meisten Vorträge und Präsentationen wurden mit Equipment vom Freien Radio Helsinki aufgenommen und werden wie bereits im letzten Jahr im Netzrauschen CBA-Archiv zum nachhören aufbereitet. Am 25.Juni 2024 gab es eine 60min Netzrauschen Spezialausgabe über das Worklab 2024 im Freien Radio Helsinki zu hören. Fotos wurden von Andreas Zingerle und Maks Valenčič gemacht. Ein großer Dank an Gülcan, die uns unter Tags kulinarisch versorgte und dem Team vom KIG für die Kooperation und die Bereitstellung von Technik und den Räumlichkeiten.
Photo credit: Maks Valenčič, Andreas Zingerle, Gernot Tutner